Erinnert Ihr Euch noch an den Kommunalwahlkampf? So viele von Euch haben sich reingehängt: Hunderte von Plakaten auf- und abgehängt, Tausende Flyer verteilt, Woche für Woche an Infoständen gestanden unter Pandiemiebedingungen, Inhalte diskutiert und vieles mehr! Danke, Ihr lieben OF-Piraten! Und wir hatten ja Erfolg, zwei von uns sind gewählt worden: Helge und Annette. Danke, Ihr lieben Wählerinnen und Wähler! Seitdem sind wir Stadtverordnete und strengen uns an, unsere Wahlversprechen umzusetzen.
In diesem Beitrag wollen wir mal einen Überblick über die Zeit seit der Wahl vorstellen.
Die Ofa-Fraktion
Früher konnte man mit zwei Leuten eine Fraktion bilden, das geht jetzt nicht mehr. Es müssen mindestens drei von einer Liste oder vier von einer Kombination mehrerer Listen sein. Aber wir hatten Glück: Wir haben eine Kollegin und einen Kollegen gesucht und gefunden, mit denen wir nun eine Fraktion gebildet haben, die „Fraktion Offenbach für alle“ (Ofa). Sie besteht aus Julia Endres, die auf der Liste der PARTEI kandidiert hat, Maximilian Winter vom Jungen Offenbach sowie Helge und Annette.
Wir ergänzen uns wunderbar: Julia ist engagierte Aktivistin der „Fridays for Future“- Bewegung und interessiert sich vor allem für eine gute Klima- und Umweltpolitik. Außerdem hat sie sich im Offenbacher Stadtschüler*innenrat engagiert. Max, übrigens 19 Jahre alt und damit das jüngste Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung, interessiert sich für Kinder- und Jugendpolitik, Bildung und Kultur. Helge und Annette interessieren sich natürlich für unsere piratige Politik, auf Kommunalebene ist das vor allem Bürgerbeteiligung und Transparenz, Teilhabe und Intergration. Und alle vier sind leidenschaftliche Offenbacher und Offenbacherinnen und interessieren sich auch für Stadtentwicklung und Stadtfinanzen (https://www.ofa-fraktion.de/ueber-uns/). Unser Fraktionsmanager ist Karlheinz Zoth. Er sorgt dafür, dass die Finanzen korrekt sind, macht die ganze Verwaltung und steuert ständig gute Inhalte bei (https://www.ofa-fraktion.de/2021/07/01/wir-begruessen-unseren-neuen-fraktionsmanager/).
Unsere Arbeit: Mitmachen
Seit wir gewählt wurden, hatten wir neun Sitzungen, haben 26 Anträge und 16 Anfragen gestellt. Ihr könnt alles auf unserer Fraktionsseite www.ofa-fraktion.de nachlesen. Diese Arbeit war nur möglich, weil viele Leute inhaltlich mitgeholfen haben: Piraten und Leute aus den drei beteiligten Wahllisten sowie viele Bürger und Bürgerinnen! Vielen Dank dafür! Wir freuen uns immer sehr über Ideen und konstruktive Beiträge und greifen die auf, so weit wie möglich. Einmal im Monat haben wir eine öffentliche Fraktionssitzung, zu der ist jeder und jede herzlich eingeladen. Meistens ist es eine hybride Veranstaltung, pandemiebedingt mit beschränkter Präsenz und zusätzlicher Videoteilnahme. Sprecht uns an, wenn Ihr teilnehmen wollt.
Transparenz: Eins unserer Leitthemen
Transparenz haben wir schon im Wahlkampf versprochen. Transparenz ist auch ein traditionelles Piratenthema, das schon in den ersten Wahlkämpfen eine prominente Rolle gespielt hat. Für uns beide ist es sogar ein Hauptgrund, warum wir überhaupt den Piraten beigetreten sind.
Transparenz betriff auch alle Aspekte der Kommunalpolitik: Wir wollen wissen, was beschlossen wird, welche Beschlüsse umgesetzt werden, was die Hintergründe dieser Beschlüsse sind, wofür unsere Steuergelder ausgegeben werden, welche Projekte geplant sind oder wie weit diese Projekte gediehen sind, wodurch Kostensteigerungen verursacht werden und vieles mehr. Wir halten Transparenz für eine Bringschuld der Verwaltung. Unsere Aufgabe ist es, die Verwaltung zu beaufsichtigen und die politischen Entscheidungen mitzutreffen.
Gleich zu Beginn unserer Arbeit stand eine neue Informationsfreiheitssatzung zur Abstimmung, die wir allerdings für katastrophal halten, weil sie eine echte Transparenz gar nicht möglich macht, sondern eher verhindert. Wir haben uns also an die Arbeit gemacht und einen Änderungsantrag geschrieben. Dabei haben uns die Datenschützer Rhein-Main geholfen. Leider wurde unser Änderungsantrag geschlossen von der Koalition abgelehnt, und das völlig ohne Diskussion. Ausführlich kann man das hier nachlesen.
Aber es kam noch schlimmer. Auch die schlechte Informationsfreiheitssatzung, die nun beschlossen wurde, trat nicht in Kraft, denn dafür hätte sie veröffentlicht werden müssen. Wir mussten erst eine Anfrage stellen, bis das passiert ist. Sie ist nun auf der Webseite der Stadt, aber nur ganz versteckt in einer langen Liste von Satzungen. Ankündigung auf der Startseite der Stadt oder gar eine Pressemitteilung? Fehlanzeige!
Bald fiel uns auf, dass es viele Beschlüsse gibt, die alle nicht umgesetzt worden sind, darunter z. B. ein Beschluss, dass man prüfen soll, obein „Rathaus-TV“ eingerichtet werden könne, also die Stadtverordnetenversammlungen durch Streaming oder zumindest per Video aufgezeichnet werden können, damit die Bürger und Bürgerinnen verfolgen können, was diskutiert und beschlossen wird. Einen Prüfbericht haben wir leider nicht gefunden und auch keine Folgebeschlüsse. Der Ursprungsantrag dazu, von einer früheren Piratenfraktion (2011-2016) ist übrigens schon 10 Jahre alt. Daher haben wir am 28. Juli dazu eine Anfrage gestellt. Die Frist zur Beantwortung von Anfragen beträgt normalerweise 4 Wochen. Unsere Frist ist schon drei mal verlängert worden, zuletzt bis zum 30. November. Nun ist die Antwort wieder überfällig, wir haben nichts mehr gehört.
Auf unserer Seite Anfragen zeigen wir einen Überblick. Man sieht dort auch, dass Fristen für Antworten ständig überzogen werden und mehrere überfällig sind.
Die Oppositionsfraktionen, also wir, die Linken, die CDU und die Freien Wähler, haben daher vor einiger Zeit einen gemeinsamen Antrag gestellt, der eine automatische Berichtspflicht einführen soll. Das scheint der Koalition überhaupt nicht gepasst zu haben, denn sie hat dafür gesorgt, dass der Antrag ganz von der Tagesordnung abgesetzt wurde (mehr dazu hier). Auch in der folgenden Sitzung stand der Antrag stillschweigend wieder nicht auf der Tagesordnung. Wir mussten im Ältestenrat massiv protestieren, bis er schließlich doch noch auf die Tagesordnung kam, natürlich wurde er abgelehnt. Auch wurde uns von verschiedenen Seiten vorgeworfen, zu hohe Kosten durch unsere Anfragen zu verursachen. Wir sollten uns doch bitte mal zurückhalten.
Das finden wir unlogisch: Die Kosten entstehen doch nicht durch das Berichten, sondern durch die Arbeit, über die berichtet werden soll. Man kennt das doch auch nicht anders von seinem Job: Die Chefin fragt, wie weit man ist, und dann antwortet man halt. Wenn die Arbeit getan ist, ist das eine leichte Übung. Wenn sie jedoch nicht getan ist, hat man ein Problem, erst recht, wenn man es nicht zugeben will, dass nichts passiert ist.
Ein weiteres Beispiel ist unsere Anfrage zur Luca-App, die die Stadt Offenbach eingeführt hat. Wir wollten wissen, welche Entscheidungsgrundlagen dazu geführt haben. Denn wenn man etwas entscheidet, weiß man ja wohl auch, warum man das macht. Die Antwort war letztlich kurz und einfach: Die Stadt hat nichts untersucht, sie hat sich auf die Entscheidung der Landesregierung verlassen. Das hätte man uns schnell sofort sagen können, ohne großen Aufwand. Wir hätten es dann auch bei unserer ersten Anfrage belassen und nicht noch eine zweite, ausführliche nachgeschoben. Aber es hat über ein Vierteljahr gedauert, bis die Entscheider das dann zugegeben haben. Unser wurde vorgeworfen, die Arbeit des Gesundheitsamtes in Pandemiezeiten blockiert zu haben, dabei war das überhaupt nicht für die Antwort zuständig. Genaueres kann man hier nachlesen.
Wir warten schon seit langem auf weitere Antworten.
Politische Kontrolle: Auftrag und Aufgabe der Stadtverordneten
Wir sind gewählt worden, weil die Offenbacher und Offenbacherinnen eine Kontrolle ihrer Regierung haben wollen. Diesen Auftrag nehmen wir ernst. Herr Stadtrat Weiß forderte, dass die Bürger und Bürgerinnen sowie die Stadtverordneten grundsätzlich Vertrauen zu haben hätten, dass die Beschlüsse auch ohne Transparenz stets vorbildlich umgesetzt würden. Jede Anfrage koste Geld, daher sollten wir uns fragen, ob unsere Anfragen nötig seien. In letzter Zeit habe es eine Inflation von Anfragen gegeben.
Wir sehen das anders, denn unser Vertrauen ist etwas erschüttert.
Es kommt uns so vor, als ob die Arbeit der Verwaltung und die der Stadtverordneten voneinander abgekoppelt sind, als ob die nichts miteinander zu tun hätten. Die Stadtverordneten beschließen etwas, aber ob es umgesetzt wird, weiß man nicht und soll es auch nicht wissen. Automatische Berichte gibt es nicht und soll es nicht geben. Anfragen der Bürger und Bürgerinnen sollen möglichst vermieden werden. Haushalte sind so unverständlich kodiert, dass auch hier kaum Transparenz hergestellt werden kann. Um die Korrektheit zu überprüfen, bleibt manchmal nicht anderes, als Zahlen abzutippen. Kalle hat dies gemacht und einige Fehler entdeckt, die für diesen Haushalt korrigiert worden sind. Frühere Haushalte sind dagegen beschlossen und man kann nichts mehr ändern.
Die Anstrengungen in der Stadtverordnetenversammlung kann man fast als „Demokratiesimulation“ statt Demokratie bezeichnen.
Liebe Wahlerinnen und Wähler, wir haben Euch Transparenz versprochen. Wir werden in den nächsten Jahren unser Bestes geben, dieses Wahlversprechen zu halten. Wir bleiben dran!
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